Nie wieder ist jetzt!

Von Sabine Gräf, Mitglied der Hofkirche Köpenick

Als am 9. November 1938 in ganz Deutschland Synagogen niedergebrannt, jüdische Geschäfte zerstört und tausende Juden verprügelt, in Konzentrationslager eingesperrt und ermordet wurden, herrschten in Deutschland und auf der ganzen Welt Stille und Gleichgültigkeit. Sechs Jahre später waren in Europa sechs Millionen Juden durch die Hand der Deutschen ermordet worden.

Als die Hamas am 7. Oktober 2023 in einem brutalen Pogrom den Süden Israels angriff, wurden 1.400 Israelis ermordet und ganze Kibbuzim niedergebrannt. Noch heute werden im Gazastreifen über 240 Menschen, darunter viele Kinder, Frauen und ältere Menschen, als Geiseln gehalten.

Wie ist unsere Reaktion? Werden wir einfach weitermachen wie bisher oder werden wir uns aktiv für Israel und das jüdische Leben einsetzen? Was sind wir bereit zu tun, um dem Antisemitismus jederzeit entgegenzutreten?

Das globale Versprechen nach dem Holocaust lautete „Nie wieder!“. Jetzt ist es an der Zeit, dieses Versprechen einzulösen. Deshalb: NIE WIEDER IST JETZT!

Als Köpenicker Christen der Hofkirche wollen wir uns hiermit ganz klar und unmissverständlich an die Seite des jüdischen Volkes, stellen. Das bedeutet, dass wir uns erstens solidarisch zum Staat Israel positionieren und zweitens alles in unserer Macht Stehende tun, um jüdisches Leben in Deutschland zu schützen.

Unsere Positionierung als Christen zum jüdischen Volk ist durch die Heilige Schrift, die Bibel, definiert. Durch den Glauben an Yeshua (jüdischer Name für Jesus), den König und Messias (=Gesalbter) Israels, sind wir als wilde Zweige in den edlen Ölbaum Israel eingepfropft, nachzulesen im Brief des Paulus an die Römer (Kapitel 11, Verse 16-22).

Unmissverständlich fordert Gott uns durch den Propheten Jesaja auf: “Tröstet, tröstet mein Volk!” (Jesaja 40,1f). Wieviel mehr wollen wir uns in dieser, für Israel und das weltweit zerstreut lebende jüdische Volk so schweren, Zeit an diesen unseren Auftrag erinnern. Es gibt viele praktische Möglichkeiten, diesen Trösterdienst wahrzunehmen, dabei steht das Gebet/die Fürbitte an erster Stelle. Einige weitere Möglichkeiten sind die Teilnahme an Kundgebungen, Besuche unserer Messianischen Geschwister und auch jüdische Synagogen-Gemeinden. Besonders geeignet ist dazu der Schabbat, der jeweils freitags mit dem Sonnenuntergang beginnt und samstags mit dem Sonnenuntergang endet.

Wenn nicht wir als deutsche Christen, wer sonst sollte diesen Tröster- und Gebetsdienst ausüben? Wir wollen nicht nur hohle Worthülsen schwingen, sondern unser Bekenntnis ganz praktisch werden lassen. Ein mehrheitliches Schweigen der Gemeinde Yeshuas (Jesu) wie zur Zeit des Nationalsozialismus darf sich nicht wiederholen!!!

Gebetsanliegen

  • für die verbleibenden Geiseln und deren unverzügliche Freilassung
  • für Weisheit für alle politischen und militärischen Verantwortungsträger
  • für unsere Messianischen Geschwister (=Juden, die an Jesus glauben), dass sie seine Zeugen sind, sie gehört werden und ihrem Zeugnis geglaubt wird
  • für die Sicherheit jüdischer Menschen und jüdischer Gemeinden in Deutschland und weltweit
  • für die Rettung des jüdischen Volkes und der Araber
  • für unsere arabischen Geschwister in Israel, besonders im Gazastreifen und Judäa/Samaria (sog. Westbank/Westjordanland)
  • für die IDF (Israel Defence Forces), die vor einer großen Herausforderung steht, was die Zerschlagung der Hamas angeht
  • für Gottes Trost für die Hinterbliebenen des Massakers vom 07.10.2023
  • für die internationalen Medien, dass sich diese der Wahrheit verpflichtet wissen und nicht als Diener des Bösen und der Lüge agieren
  • für den Frieden Jerusalems (Psalm 122)

Fürbitten anlässlich des Pogromgedenkens der Köpenicker Ökumene am 09.11.2023

Von Pastor Uwe Dammann

Am 9. November 2023 trafen sich Christen der Köpenicker Gemeinden in der Stadtkirche zu einem Gedenkgottesdienst an die Pogrome von 1938 und zu einem Protest gegen die Hamas-Pogrome 2023 und gegen den Antisemitismus in unserem Land. In diesem Gottesdienst wurde gebetet:

Herr, unser Gott, wir klagen dir die große Not, die über dein Volk Israel gekommen ist. Fassungslos hören wir von den entsetzlichen Verbrechen, die Menschen in Israel erleiden mussten.
Wir wissen nicht, was die Leidenden und Trauernden trösten kann. Wir beugen uns vor dir. Und weil uns die Worte fehlen, schweigen wir vor dir.

Stille

Herr, unser Gott, es sind immer weniger Menschen da, die Zeugen der schrecklichen Ereignisse von 1938 sind. Die geschändeten und brennenden Synagogen geraten in Vergessenheit.
Wir sehen, dass der alte Hass gegen dein Volk nie weg war und dass er sich immer wieder und immer lauter äußert. Und das auch in der Mitte unserer Gesellschaft. Wir gedenken der Gequälten und Ermordeten und schweigen vor dir.

Stille

Herr, unser Gott, in unserem Land und in der weiten Welt gibt es immer mehr Menschen, die deinem Volk den Tod wünschen. Wir bitten dich, lass die Stimmen des Hassens verstummen. Segne alle Versuche des Dialogs.
Gib uns den Mut, aller Judenfeindschaft zu widersprechen. Hilf uns, dass wir eintreten für dein Volk.

Darum bitten wir: Herr erhöre uns.

Herr, unser Gott, wir bringen dir die Jüdinnen und Juden, die in unserem Land wieder Angst haben. Die verstecken müssen, dass sie zu deinem Volk gehören.
Wir spüren, dass sich unser Vorsatz „Nie wieder!“ nicht automatisch durchsetzt. Hilf uns, dass wir unseren jüdischen Mitmenschen zu Freunden werden, auf die sie sich verlassen können.

Darum bitten wir: Herr erhöre uns.

Herr, unser Gott, wir gedenken der wehrlosen Menschen, die durch Terrororganisationen als Schutzschilde missbraucht werden. Auch ihr Blut schreit zum Himmel. Durch Jesus Christus, deinen Sohn und unseren Herrn, rufst du uns auf, Friedensstifter zu werden.
Hilf uns in aller Not und Ratlosigkeit Gedanken des Friedens zu denken und Worte des Friedens zu finden.

Darum bitten wir: Herr erhöre uns.

Herr, unser Gott, in unserer Welt voller Dunkelheit bitten wir dich: Ach dass du doch den Himmel zerrissest und führest herab.
Lass die Welt dein Heil schauen. Im Vertrauen, dass du der Herr bist und bleibst, beten wir mit den Worten, die uns Jesus gelehrt hat:

Vater unser